Background

Tourenbericht:
Skitourenlager Valpelline / Gran Paradiso

Die Geschichte

Dass sich zwei Kleinbusse oberhalb von Valpelline – der gleichnamige Ort im Tal und hoch über Aosta – auf irgendwelchen Nebenstrassen verirrten und dies Heidrun gleich als genüssliche „Bluesch“- und „Altleutefahrt“ betitelte, sorgte für viel Lachen. Als das Ganz schlussendlich vor einer Friedhofmauer endete, wurden die Gesichter plötzlich etwas blasser. Tja, hoffentlich wird dies kein schlechtes Omen sein!
Dank unseren Navigationskünsten auf italienischen Strassen und den Sinn für „Bergauffahren“, erreichten wir irgendeinmal den Parkplatz bei der Staumauer, wo wir endlich umsteigen durften. Nein, nicht auf die schmalen Latten, sondern auf die Sohlen der schweren Skitourenschuhe! Den Schnee konnten wir erst weiter oben zwischen den Steinen ausmachen.
Der Marsch war kurz, der Empfang in der Hütte herzlich und schon bald gab’s der erste Cappuccino von der italienischen Kaffeemaschine: Welch ein Genuss und dies auf 2000 Meter über Meer!

Wie schon am ersten Tage erlebt, lag relativ wenig Schnee im Tal und für irgendwelche Touren musste man gleich ab dem Talboden über irgend einen steilen Abhang oder durch eine noch steilere Rinne hochsteigen. Die erste Knacknuss hatten wir schon beim Überqueren des Baches, dann ging’s steil durch einen Couloir der Sonne und dem Himmel entgegen. Zwar schafften nicht alle diese Rinne und tierische Überreste zeugten von einer winterlichen Tragödie. Weiter oben präsentierte sich endlich die weite Welt und ein stark zurückgezogener Gletscher. Bis zur Becca Vannetta trennten uns noch ein Pass, ein Steilhang und viele versteckte Steine, die unter der feinen Schneeschicht auf die zarten Haare unserer Felle lauerten.
Nach dem kurzen Gipfelaufenthalt und die ersten Nebelfetzen tauchten wir in die Tiefe und gleiteten zum Teil noch durch unberührte Pulverhänge. Beim Aufstieg liessen die Felle Haar, nun hafteten Teile unserer Skibeläge an den eingeschneiten Steinen. Trotzdem stiebte der Pulver uns um die Ohren; erst weiter unten wurden wir vom schweren Schnee oder gar schneelosen Flecken stark ausgebremst.

Samstag zogen wir vom Rifugio südlich weg in die Höhe. Der Himmel war schon dunkel und die ersten Wolkenfetzen flogen um die nahen Gipfel. Bald gab’s aus unserer Pässetour eine normale Skitour zum Dôme de Gian, was unserem Begleiter sicher besser zustand als ein Weg über diverse Pässe und für ihn unbekannte Spuren. (Anmerkung: Der 13 jährige Hüttenhund begleitete uns bis auf den Gipfel. War anschliessend für die nächsten 2 Tage „out of life“ und fast „k.o.“!) Erneut war’s auf dem Gipfel zügig und lud eher für schnelles verschwinden als stundenlanges „sünnelä“ ein. Oder wäre ein Sonnenbad doch angenehmer gewesen als durch den harten Pulverschnee zu pflügen?

Obwohl der Osterhase bereits auf dem Tisch stand war’s mit Eiersuchen vor der Hütte nicht zu Besten bestellt: Ein kräftiger Wind heulte um die Ecken und die zusätzlichen Schoggikalorien waren schnell verdaut. Nebst den nicht gefundenen Ostereiern blieb uns auch die Dame auf dem Château verwehrt. Vom Colle di Bellatsà verkrochen wir uns bald einmal zurück in die warme Hüttenstube: Cappuccino und Dolce lockten!

Leider fegte mich der Ostersturm dermassen aus dem Gleichgewicht, dass ich am Ostermontag das Bett hüten musste und an eine Tour nicht zu denken gewesen wäre!
Die restlichen Angensteinerinnen, Angensteiner und der JO-ler von der Landschaft stiegen bei fast unmenschlichen Zeiten los und noch bei Sonnenschein kraxelten sie dem Col de la Division entgegen. Doch Petrus war wohl nicht auf ihrer Seite und hüllte sie kurz vor der Tête de Valpelline in tiefe Wolken ein. Das „Horu“ und alle andern namhaften Erhebungen konnte sie im Nebel nur noch erahnen. Der Abstieg forderte noch einmal volle Konzentration und der Weg zurück zur Prarayer-Hütte forderte noch die letzten Kraftreserven vom Osterschmaus.

Der Tag war reif für die Erstürmung des „Damenschlosses“! Bei eindrücklicher Stimmung erreichten wir bald einmal den Colle di Bellatsà, umrundeten die Festung und griffen von Osten her an. Hier war wieder das ganze bergsteigerische Repertoire gefordert: Nebst einem Steilaufstieg durch Firn und Fels, konnten wir endlich die grandiosen Walliser Berge in uns aufsaugen; und für einmal aus einer ganz anderen neuen Perspektiven als sonst üblich. Die letzten Meter bis zur Rapunzel – leider liess sie ihre Haare nicht zu uns herunter – mussten noch über ein paar Felsstufen erklettert werden, eh jeder einzelne an der Glocke sein Erreichen des Gipfels weit herum verkünden konnte.
Die direkte Abfahrt forderte Alfons noch einmal und schön brav folgten wir seiner Spur durch den dichten Nebel. Dass eine solche Tour auch Unmengen an Energie verbraucht versteht sich von selbst und da kam der Geburtstagskuchen eines Teilnehmers gerade richtig. Der „Caffè alla Valdostana“ und Généby rundeten den lockeren Abend ab, während draussen schon die ersten Schneeflocken den Boden berührten.
(Rezept vom Caffè alla Valdostana“ : http://www.regione.vda.it/turismo/scopri/enogastronomia/ricette/caffe_alla_valdostana_t.asp )

Die Nacht verzuckerte die steinige Landschaft um unsere Unterkunft und bei unserem Aufbruch hofften ein paar Wagemutige auf bessere Gleitverhältnisse, so dass die Staumauer leichter zu erreichen gewesen wäre. Teile der Felle an diversen Steinen zeugen heute noch von diesem Optimismus und nur der Sporthändler konnte sich an diesem Entschluss freuen!
Bei der Mauer und dem Parkplatz mussten einmal die Autos in den Schneemassen gesucht und befreit werden, eh es ins nahe Aosta hinunter ging, wo Pizza auf dem Menüplan stand. Der Schnee reichte eigentlich weit ins Tal hinunter und die nachmittägliche Gelati tropfte dank den tiefen Temperaturen nicht gleich über die Finger dem Boden entgegen.
Dass die Gebrüder Binder schnell sind, wusste ich eigentlich schon lange. Aber dass sie in 2 Minuten ein Radwechsel auf dem Bahnhofplatz von Aosta durchführten, liess nicht nur uns, sondern auch gleich das ganze Ferrari-Team vor Neid erstaunen.
Bei Sonnenschein und „Touri-Bus-Feeling“ erreichten wir mit Le Pont den nächsten Ausgangspunkt im Valsavarenche. Der wenige Schnee auf 2000 Meter zwang uns die Skis weit über die Talsohle hinauf zu schleppen, und nur noch die letzten Meter bis zum Rifugio Vittorio Emanuele konnte auf ihnen zurück gelegt werden. Die Schultern schmerzten noch lange, aber die Ambiente der italienischen Hütte und deren Köstlichkeiten liessen bald einmal alles vergessen.

Der Hüttenwart meinte, dass der Donnerstag wohl noch der beste Tag für den Gran Paradiso wäre. Also, nichts wie hinauf zum Dach unserer Tourenwoche und Italien!
Doch, die Temperaturen lagen weit unter der Schmerzgrenze. Jeder versuchte mit irgendwelchen Kleiderschichten sich gegen den kalten Wind, der immer irgendwo und wie eindringen konnte, zu schützen. Keine Ahnung was in all unseren Köpfen herum geisterte und wer sich an einen warmen Badstrand wünschte. Aber solche Gedanken sind dann plötzlich verflogen, sobald man sich dem Gipfel nähert, die letzten Meter hinter sich bringt und gegenseitig mit einem Handschlag zum Gipfelerfolg gratuliert. Sturm hin oder her: Der Paradiso kann jeden ins Paradies versetzen, sei es noch so widerwillig und ungemütlich hoch oben über den restlichen Berggipfeln.
Die letzten Kurven im Sulz, der Cappuccino und Kuchen im Rifugio rundeten die grossartige Besteigung ab. Was wünscht sich da ein Bergsteigerherz mehr?

Freitags folgten dann kleinere „Brötchen“ und mit einem lockeren Aufstieg auf die La Tresenta wollten wir die Woche ausklingen lassen. Doch was ganz locker begann wurde plötzlich etwas länger und das „Tre“ bekam auch seine Bedeutung: Es braucht einfach drei Versuche, bis man den richtigen Weg zum Gipfel gefunden hat! Die Nordwestflanke war mit dem eingeblasenen Schnee zu gefährlich, die frühere Normalroute entpuppte sich als Klettertour und erst der sanfte Weg über den Nordwestgrat, wenn man dem so sagen kann, führte uns zum Gipfel. Nur noch wenige Sonnenstrahlen luden für eine noch längere Gipfelrast. Dafür gab’s noch wenige stiebende Kurven im Pulver bei Sonnenschein, eh wir die Hütte bei Schneefall erreichten. „Gluschtig“ auf die neusten Kreationen aus der Hüttenbackstube, waren wir bald bei Kaffee und Kuchen zu finden.

Der samstägliche Schneefall brachte unsere letzten Pläne durcheinander, und mit schweren Herzen mussten wir den direkten Abstieg nach Le Pont unter die Skis nehmen. Ein letzter Ratschlag vom Hüttenwart, und schon glitten wir durch den frisch geschneiten Pulver in die Tiefe. Wir spürten noch einmal all die versteckten Steine unter den Füssen eh die Abfahrt zu Ende war. Nun, Skis auf den Rucksack und ab ins Tal, wo alle auf den Frühling mit seinen zarten grünen Farben hofften.
Erneut ein weisses Tal und ohne Frühlingsblumen, erneutes ausschaufeln der Busse, Heimfahrt durch eine tief verschneite winterliche Landschaft und shoppen wie die Touristen im lokalen Heimatladen.

Tja, leider ging’s wieder einmal viel zu schnell vorüber. Kaum hatten wir uns in dieser wunderbaren Bergwelt eingelebt, schon ging es wieder zurück in den heimatlichen Stall.
Mir bleibt nur noch eins: Euch allen recht herzlich für diese super tolle Skitourenwoche zu danken; es machte wiederum viel Spass mit euch unterwegs zu sein.
Ich freue mich schon aufs nächste Abenteuer im Alpenbogen.

TeilnehmerInnen

- Alfons Kühne, Bergführer, Do-Sa (10 Tage)
- Tom Kaiser, Leiter/OK, Do-Sa
- Damian Blarer, Leiter (JO), Do-Sa
- Simon Hansen, Leiter (JO), Do-Sa
- Andreas Binder, Sekt., Do-Sa
- Thomas Binder, Sekt., Do-Sa
- Claudia Strehl, Sekt. BS/SG, Do-Sa
- Carole Tremel, Sekt., Do-Sa
- Andreas Werder, Sekt., Do-Sa
- Heidrun Werder, Sekt., Do-Sa
- Heiner Brogle, Sekt., Do-Mi
- Rolf Glauser, Sekt., Do-Mi
- Simon Geiser, JO-BL, Do-Mi

… und die „technischen Infos“:

1. Tag / Do
Reise Basel-Martigny-Gr.Bernard-Valpelline-Bionaz-Staumauer (places moulin); Aufstieg Stausee entlang zum Rif. Prarayer; Nachmittag LVS-Uebung, kleinere Einführung über diverse Themen

2. Tag / Fr
Prarayer (Rif.) > Grand Plan > Couloir von Braoulè hinauf bis Gletscherfläche Ghiacciaio del Mont Braoulè > Colle della Vannetta > Becca Vannetta (3363m); Abfahrt nach Col du Laurier Noir > Glacier Laurier Noir > Gl. de Punta Laurier Noir > Talkessel unterhalb Rif. Nacamouli > Comba d’Oren > Prarayer (Rif.)
• Wetter: Morgens schön, dann Wolken (abends wenig Schnee)
• Schnee: Gipfelnähe sehr wenig (Steine), oben z.Z. super Pulver, unten schwer bis sulzig (z.T. komische Unterlage)

3. Tag / Sa
Prarayer > Comba di Valcornera (Chardonney) (neuer Entscheid wegen Sturm; statt Col de Valcornière/Colle de Bellatsà) > Richtung Punte di Chavacour > Dôme de Gian/Südgipfel (3324m) (Hüttenhund, 13 Jahre, lief mit!); Abfahrt dito Aufstieg
• Wetter: Stürmisch, kalt und von N Wolken
• Schnee: Z.T. sehr gut, leichter Deckel (Harsch), ganz unten durchnässt (Beton)

4. Tag / So (Ostersonntag)
Prarayer > (Gordze) > über Rampen > (Deré la Vieille) > bis ca. 2600 (unter Gh. D.Ch.d.Dames) > Traverse nach S > Rinne zum Gh.di Bellatsà > Colle di Bellatsà / Umkehr (Wetter/Sturm) und Abfahrt direkt nach Gordzè > Prarayer
• Wetter: Nordstaulage, starker stürmischer N-Wind, sehr kalt
• Schnee: Mehrheitlich Bruchharsch, wenige tragende Schneeschichten
(Tom: Fühlte sich sehr schlecht, hatte keine Kraft und Hustenanfälle!)

5. Tag / Mo
Tom (ich): Ruhetag und auskurieren von Husten/Schwäche! Rest Gruppe: Prarayer > (Rif. d’Aosta) > Col de la Division > Tête de Valpelline (3798m)/Abfahrt gleich wie Aufstieg/sehr lange Tour und für TeilnehmerInnen sehr anstrengend
• Wetter: Morgens schön, auf Gipfel Wolken und abends bedeckt.
• Schnee: soweit i.O.

6. Tag / Di
Prarayer > Colle de Bellatsà > (Castelletto Whymper) > Colle de Château des Dames > Château des Dames (3489m)/Abstieg-Abfahrt : Colle de Gh.Château des Dames > (unterhalb Biv. durch Rinne) > Gh. d.Ch.de.Dames > (Déré la Vieille) > Prarayer
• Wetter : Morgens schön, mit Nebel (folgend) und gute Stimmung, mittags Wolken und stellenweise Nebel
• Schnee : Z.T. gut, z.T. Burch, z.T. Sulz./(Sehr langer Tag; Abmarsch 7.00, Gipfel 15.30, Hütte 17.00.)

7. Tag / Mi
(Nacht Schneefall bis 1000m/Prarayer ca 20cm) Abstieg (Prarayer) > Staumauer; mit Autos Reise nach Aosta; Einkauf/Mittagessen; Weiterreise ins Valsavarenche/Le Pont; Aufstieg zum Rif. V.Emanuele, bis ca. 2300m Ski tragen, da fast kein Schnee
• Wetter: Morgens Schneefall, mittags schön, bei Aufstieg Rif.V.Emanuele sehr kalter Wind

8. Tag / Do
Emanuele (Rif.) > Normalweg > Gran Paradiso (4061m), ab Skidepot über S-Grat auf Gipfel; Abstieg-/Abfahrt dito Aufstieg
• Wetter: Sehr kalt und windig/stürmisch, z.T. Nebel, mittag wenig Sonne (bei Rif.)
• Schnee: Oben hart, später hart verfahren, ab rund 3500m gute Verhältnisse bis „fast“ Sulz/Kurze, aber trotzdem anstrengende Tour; grosse Kälte; deswegen sehr hart.

9. Tag / Fr
Emanuele (Rif.) > (Richtung Col del Gran Paradiso) > NW-Flanke von La Trésenta, bis ca. 3200m, Umkehr infolge schlechten Verhältnissen (eingeblasener Schnee) > N>W um Berg zum Colle di Moncorvè (um Route von Skitourenkarte zu erreichen > Felswand!) > zurück an Fuss von NW-Grat/-Abhang > bis ca. 3100m mit Ski > Skidepot > Aufstieg bis Gipfel (Sommerweg)(3609m)/Abstieg bis Skidepot dito/Abfahrt direkt zum Rif.
• Wetter: Morgens schön mit Wolken, z.T. Nebel. Auf Gipfel z.T. wenig Sicht (viele Wolken), bei Abfahrt z.T. Sonne, bei Hütte Wolken und Schneefall
• Schnee: Z.T. super pulvrig, unten Sulz.

10. Tag / Sa
(Nacht Schneefall; beim Rif. >20cm; geplante Tour für Abfahrt nicht möglich > via P2940/Il Ciarforon > Vallone della Seyva)/direkte Abfahrt (Rat Hüttenwart) dem Torrente Costa Savolera entlang bis Holzbrücke (ca. halber Weg); Abstieg bis Le Pont; Heimreise via Aosta-Martigny-Basel-(Reinach)
• Wetter: Schneefall und kalt.
• Schnee: Z.T. noch super.

Gl. de Punta Laurier Noir Tom (ich): Ruhetag und auskurieren von Husten/Schwäche! Rest Gruppe: Prarayer